Einen Direktflug von Frankfurt nach Neuseeland wollte ich mir nicht antun. 12 Stunden Flug an einem Stück sind mir genug, danach kann ich gerne mal ein paar Tage Pause gebrauchen.
Dass Singapur eine ausgesprochen schöne Stadt ist, hatte ich bereits bei meinem letzten Aufenthalt erfahren. Er war nur zu kurz, um die Stadt näher kennen zu lernen.
Dieses mal wollte ich mir mehr Zeit nehmen und ich war erstaunt zu sehen, was Singapur alles zu bieten hat...
Wie soll ich die Eindrücke von einer Stadt beschreiben, die deutlich älter ist als viele andere Großstädte dieser Welt (existierte sicher schon im 13. Jahrhundert, wahrscheinlich aber bereits viel früher), die aber im Vergleich mit den meisten anderen Millionenstädten weitaus moderner (schnelles, bequemes und günstiges MRT, d.h. Mass Rapid Transit; freier Internetzugang für alle; kostenlose Ortsgespräche), sauberer (drakonische Strafen für das Wegwerfen von Müll), naturnaher (es gibt etliche Naturreservate und Parks) und vielfältiger erscheint (kulinarisch kann man dort eine Weltreise machen; Handel hat schon immer zur kulturellen Vielfalt beigetragen)?Was mir auf den ersten Blick auffiel, ist die Ruhe und Gelassenheit der Leute, die so garnicht zu dem mir bekannten Großstadtverhalten passt. Alle haben hier eine ruhige Gangart drauf, die sich nur schwer beschreiben lässt.
Die meisten Fußgänger bewegen sich so, als wenn sie gleich stehen bleiben, mit schlurfendem Schritt, so dass ich anfangs aufpassen musste, meinem Vordermann nicht auf die Hacken zu treten. Immer wieder überhole ich Leute, bis ich merke, dass nicht sie zu langsam, sondern ich einfach zu schnell gehe mit viel zu großen Schritten, als ob ich irgend etwas hinterher rennen würde. Also, einen Gang herunter schalten, ankommen. Wozu so eilig, ich habe doch jetzt Zeit.
Die Sauberkeit fällt schon beim Flughafen auf. Spiegelnde Böden überall. Kein Schnipsel Papier oder Müll auf dem Fußboden. Und im MRT sieht es genau so aus. Obwohl wirklich Massen damit transportiert werden. Keine Schmierereien, keine Kippen, keine leeren Bierdosen. Auch die Bahnstationen sehen blitzblank aus. Gelbe Linien und Pfeile auf dem Boden zeigen, wo man sich für’s Einsteigen hinstellen kann, damit man nicht mit den Aussteigenden kollidiert. Und es funktioniert auch beim größten Ansturm reibungslos.
Für das MRT gibt keine Papierfahrkarten (die würden ja womöglich weggeworfen werden und dann überall herum liegen) sondern Chipkarten mit 1 $ Pfand. Am Ende der Fahrt erhält man am Automaten den 1 $ im Tausch gegen die Chipkarte zurück. Pro Einzelfahrt habe ich zwischen 1$ und 2,60 $ (also ca. 50 Cent bis 1,30 €) bezahlt.
Service am Kunden wird hier wirklich groß geschrieben. Ich hatte mich an einem Nachmittag in einen der „Food Courts“ gesetzt, wie es sie in jedem größeren Einkaufszentrum gibt. Es war echt schwer, sich zu entscheiden, welche Küche ich dieses mal wählen sollte (Malaysisch, Vietnamesisch, Chinesisch, alle europäischen Küchen waren vertreten, Fast Food gab’s natürlich auch reichlich). Überall duftete es lecker und sah noch leckerer aus.
Ich entschied mich für ein Japanisches Lokal, wo man an einer halbrunden Theke sitzt und der Koch vor den Gästen das Essen zubereitet. Mit zwei Spachteln wird auf einer heißen Platte das Essen mit affenartig schnellen Bewegungen hin und her manövriert, zwischendurch mit Gewürzen verzaubert oder mit Ölen und Essenzen übergossen, so dass einem schon vom Zugucken das Wasser im Munde zusammenläuft.
In Nullkommanichts wurde mir die Vorsuppe, Getränke, Reis, Stäbchen, Serviette und kleine Vorspeisenleckereien aufgetragen. Kaum hatte ich die ersten Happen probiert, servierte der Koch auf einer Platte die erste Portion Sojasprossen, Garnelen und Glasnudeln mit Zaubersoße. Kurze Zeit später folgte Fleisch nach Wahl (Huhn war mein Favorit, Alternativ gab es Schwein, Rind, Fisch, Scampies) wieder mit Gemüse und lecker Soße dazu, und zu guter Letzt noch ein ansehnliches Stück Fischfilet als Krönung oben drauf.
Dazu hab ich mir ein schön kaltes Sapporo Bier bestellt. Hmmm, war das ein Genuss und das Bier hat gezischt :-))
Das ganze nannte sich Deluxe Set B und hat sage und schreibe 54 $ (ca. 29 €) gekostet.
Der Kundenservice war dabei so unglaublich. Für mich, der aus der Servicewüste kam, war das ganze sehr beeindruckend.
Als ich beim Bezahlen auf den Kassenbildschirm sah, stand oben aus dem Display quasi als feststehende Kopfzeile:
Greet customer with a smile!
Vor oder nach dem Essen kann man, wenn man dafür etwas übrig hat, ausgiebig Shoppen gehen. Es gibt eine reichhaltige Auswahl von Einkaufszentren, in denen man sich verlaufen kann. Eines von den Luxuriöseren ist das ION Orchard.
Ein riesiger Komplex mit eigenem MRT Anschluß und einer unermesslichen Auswahl an Schickimicki-Läden. Es ist schon wie der Eintritt in eine Zauberwelt, durch die man staunend hindurchgeht und eigentlich keinen Grund findet, sie wieder zu verlassen, außer man hat vielleicht noch andere Dinge die man ansehen oder unternehmen möchte.
Ein anderes Einkaufszentrum dieser Art ist das „Sim Lim Square“ an der Bencoolen Street. Die Zauberwelt, in die man dort entführt wird ist Technik pur.
Natürlich können sich nur Männer für so einen Kram interessieren und ich denke da an so einige Freunde und Bekannte, die sich in dieser Welt Tage lang aufhalten könnten, wenn ihre Partnerinnen sie nicht ab und zu mal auf den Boden der Realität zurückholen würden.
Das „Sim Lim Square“ ist sechs Stockwerke hoch, ein Laden neben dem anderen, mit allem, was Singapurs Technik-Handel aus der großen weiten Welt zu bieten hatte. Mich interessiert so etwas normalerweise überhaupt nicht, aber, ich wollte doch mal sehen, ob es nicht möglich ist, zu günstigen Konditionen und ohne langfristige Vertragsbindung, ein iPhone zu erstehen.
Mein Bruder, der sich mit solchen Dingen auskennt, hatte mir gesagt, worauf ich dabei achten müsse. Mündlich erzählen konnte der Verkäufer mir ja viel. Aber um sicher zu sein, dass auch z.B. eine fremde SIM-Karte funktioniert, bat ich ihn meine eigene SIM-Karte in das iPhone einzulegen und es zu starten.
Der Verkäufer guckte zwar etwas verdutzt, aktivierte aber das Handy mit meiner Karte ohne Probleme und hatte damit einen neuen Kunden gewonnen.
Ich war bisher solchen Dingen gegenüber immer eher skeptisch eingestellt. Aber, für unterwegs und um den Kontakt nach Hause halten zu können, ist das iPhone einfach klasse.
Ich kann es mit meinem PC verbinden und als Modem benutzen um Mails zu verschicken. Und es ist möglich, weltweit (fast) kostenlos über Skype zu telefonieren.
Mir hat diese Neuerwerbung unterwegs das Leben schon sehr erleichtert.
Was hat mich noch in Singapur fasziniert? Auf jeden Fall die vielen Parks und Naturreservate.
Am ersten Tag war ich zum Botanischen Garten gefahren. Zum Ankommen und Relaxen. Das war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Es gab gleich ein paar schöne Motive zum fotografieren, u. a. den Bananenklauer: In ca. 2 Metern Höhe habe ich ihn über mir rascheln gehört, als er sich gerade die Banane pflückte. Ist der nicht süß?
An einem der anderen Tage bin ich mit dem MRT zum „Sungei Buloh Wetland Reserve” gefahren.
Den Tip hatte ich von einem Taxifahrer bekommen, der mich den Abend zuvor von der "Nightsafari" nach Haus zum Hotel gefahren hatte (der Nachtzoo von Singapur ist für sich schon ein Erlebnis, für das es sich lohnt, herzukommen).
Er sagte, vor allem morgens könne man dort Zugvögel beobachten. Das Naturschutzgebiet ist eine Durchgangsstation bzw. Ruhezone der Zugvögel, die jedes Jahr zu bestimmten Zeiten hier herfliegen würden.
Im Reiseführer war sehr gut beschrieben, welchen Bus man für die Strecke zwischen MRT-Station und Wetland Reserve nehmen muss. In der Realität sieht es dann manchmal doch nicht so einfach aus, wie von LonelyPlanet beschrieben.
Der Busfahrer, den ich nach dem Weg fragte, kannte das "Wetland Reserve" überhaupt nicht. Ich stieg also in den Bus ein, ohne genau zu wissen, ob es überhaupt der Richtige Bus und die richtige Richtung war bzw. wo ich aussteigen musste. Ein freundlicher Fahrgast sagte mir in radebrechendem Englisch, dass ich bis zur Endhaltestelle fahren solle. Von dort würde ich es finden...
Von der Endhaltestelle aus musste ich noch ca. eine viertel Stunde zu Fuß gehen. Glücklicherweise gut ausgeschildert. Dafür war ich der Einzige, der dort zu Fuß bei 30 Grad und sehr hoher Luftfeuchtigkeit rumgelaufen ist. Kein Wunder, an einem Montag Morgen, an dem die meisten Leute schließlich arbeiten gehen müssen, nur ich nicht ;-)
Das Wetland Reserve war wirklich sehr interessant zu besichtigen, mit einem anschaulichen Informationszentrum, in dem einige Schulklassen unterwegs waren.
Man konnte einen „Mangrove Boardwalk“ entlanggehen, vielen Aussichtsstellen besuchen, wo man Vögel hätte beobachten können, wenn sie denn da gewesen wären. Zu guter Letzt hab ich dann aber doch noch ein paar Vogelaufnahmen machen können.
Aber vor Allem habe ich richtige Warane wenige Schritte von mir entfernt rumlaufen gesehen, auch einen richtig großen, der ca. 1,5 Meter lang war.
Als er mich wahrgenommen hatte, hat sich schnell in die Büsche geschlagen...
Und ganz schön heiß war es (ca. 30 Grad, hohe Luftfeuchtigkeit, viele Moskitos). Habe vorsichtshalber den ganzen Tag meine Mütze aufgesetzt um mir nicht den Kopf zu verbrennen.
Am frühen Nachmittag bin ich dann zurück ins Hotel, aber erst einmal musste ich die ganze Strecke wieder zu Fuß zur Bushaltestelle laufen. Glücklicherweise kam der Bus auch gleich und mit dem MRT war ich kurze Zeit später wieder „aus der Wildnis zurück“, im Zentrum von Singapur.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es hier wirklich super gut organisiert.
Eine andere, sehr schöne Tour ging in den „Mount Faber Park“, von dem aus man eine schöne Aussicht über die Stadt und das nahegelegene Sentosa Island hatte.
Wenn man wanderbegeistert ist, wie ich, kann man vom „Mount Faber Park“ aus gleich in weitere Parks wandern, die wie auf einer Perlenschnur aneinander aufgereiht sind (Henderson Waves, Hilltop Walk, Forest Walk, Hort Park, Canopy Walk, Kent Ridge Park).
Ich habe mich einfach darauf eingelassen, bin losgezogen, ohne zu wissen, wo ich am Ende rauskommen würde.
Die einzelnen Parks und Walks gehen nahtlos ineinander über und man denkt, das kann doch nicht noch weiter gehen. Zwischendurch hat man immer wieder einen schönen Ausblick auf die Stadt. Man kann stundenlang weiterlaufen und es gibt immer wieder Neues zu entdecken.
Besonders gut hat mir der Canopy Walk gefallen, bei dem man auf einem hohen Gerüst mitten durch die Baumwipfel spaziert und sieht, wie grün es mitten in der Stadt ist.
Nach einigen Stunden Fußmarsch hatte ich dann aber auch genug vom Laufen. Nur, wie sollte ich ins Zentrum zurückgelangen, ohne den ganzen Weg zurückzulaufen? Dazu hatte ich jetzt wirklich keine Lust mehr.
Eine MRT-Station oder Taxi war weit und breit nicht zu sehen. Es gab auch niemanden weit und breit, den ich hätte fragen können. Wie gesagt, ich war einige Stunden unterwegs gewesen und befand mich wohl doch ziemlich weit ausserhalb vom Zentrum.
Es sind überall Hinweistafeln und Übersichtspläne aufgestellt, an denen man sich orientieren kann. Verloren gehen kann man also wirklich nicht.
Ich bog von meinem Weg ab und ging in die Richtung, wo ich meinte, irgend wann auf Häuser oder Straßen treffen zu müssen. Und siehe da, plötzlich tauchte eine Bushaltestelle auf, an der auch schon ein Bus wartete, der mich zur nächsten MRT-Station mitnahm.
Innerhalb kurzer Zeit war ich wieder im Zentrum und von dort aus war es nicht mehr weit zum Hotel. Es kam mir so vor, als wenn ich mit der Vorortbahn von einer in die andere Welt gefahren bin.
Die Tage in Singapur sind viel zu schnell vergangen. Am Montag, den 12.04.2010 durfte ich wieder meine Sachen packen und mich auf den Weg zum Changi Airport machen. Abflug Richtung Auckland mit Zwischenstop in Sydney...
Ich kann nur empfehlen, sich für Singapur, wenn man mal dort vorbei kommt, ein paar Tage mehr Zeit zu nehmen. Es gibt viel zu sehen und zu erleben.
Eine wirklich sehr schöne Stadt!