Sonntag, 24. Oktober 2010

Stürmische Zeiten

Diesmal geht es u.a. um:
Kapiti Coast
Cannon Point Walkway
Erfahrungen und Lehrgeld zahlen





Wanderung auf dem Cannon Point Walkway im Hutt Valley, Wellington 04.09.10

Brrrr, heute morgen ist es noch richtig frisch draußen. Nachts ist es wieder reichlich abgekühlt, auf 4 Grad. Dafür werde ich morgens früh mit Sonnenschein geweckt! Total klares Wetter haben wir, so dass ich die schneebedeckten Berge der Tararua Range viel besser sehen kann als sonst.




Bei so schönem Wetter überlege ich nicht lange, sondern suche mir eine der vielen Wanderungen raus, die auf meinem Zettel der Unternehmungen steht, die ich schon immer mal machen wollte. Der Cannon Point Walkway im Akatarawa Forest soll es heute sein. Einen schönen Ausblick auf das Hutt Valley und auf Wellington soll man von dort oben haben.
So steht’s jedenfalls in der Wegbeschreibung, die man in einem der vielen „iSite“ Informationszentren erhält.

Auf der etwa einstündigen Fahrt zum Ausgangspunkt des Cannon Point Walkway fahre ich über die Paekakariki Hill Road. Von dem ersten Aussichtspunkt an der Bergstraße, die bei Paekakariki Richtung Upper Hutt und Wellington abzweigt, hat man einen tollen Ausblick auf die Küste vor Kapiti Island.
Heute ist es so klares Wetter, dass man sogar die Berge der Südinsel am Horizont sehen kann.



Richtung Norden liegt Kapiti Island und die Kapiti Coast. Wie man sieht, ist der Strand unendlich lang und die Strandspaziergänge können es auch sein, wenn man genügend Zeit mitbringt.



Ich fahre die sehr kurvige Paekakariki Hill Road immer weiter entlang und bin mal wieder hin und weg von den Natureindrücken in dieser Region. Gelegentlich sehe ich einzeln stehende Häuser in dieser sonst menschenleeren Gegend und frage mich, wie Leute gerade hier auf die Idee kommen können, ein Haus zu bauen und völlig abgeschieden zu leben. Es ist zwar nicht sehr weit bis Wellington entfernt, aber für mich Stadtmenschen ist es unvorstellbar, so weit außerhalb einer Stadt oder eines Ortes zu leben.

Auf der anderen Seite der Tararua Range, dort wo die Vororte von Wellington beginnen, stehen Häuser dicht an dicht gedrängt und ich habe den Eindruck, jedes Stückchen bebaubare Erde wurde parzelliert und in Bauland verwandelt.

Meinen Wagen stelle ich an einem öffentlichen Parkplatz ab, von dem der Cannon Point Walkway gut ausgeschildert losgeht.



Wie so häufig gibt es mehrere Wege, für die man sich entscheiden kann um ans Ziel zu gelangen. Heute habe ich den kurzen aber sehr steilen „zig-zag“-Weg und die „Valley View Road“ zur Auswahl. Ist doch klar, dass ich mich für die Valley View Road entscheide. Das klingt mir weniger anstrengend und ich bin ja nicht hier um schnell anzukommen.
Ich habe ja Zeit und möchte natürlich auch die schöne Aussicht genießen.



Scheinbar bin ich heute wieder der einzige unterwegs. Nur selten treffe ich andere Leute auf meinem Weg nach oben. Nach einem längeren Aufstieg werde ich mit einem wunderschönen Ausblick auf das Tal des Hutt River belohnt. Ich kann von hier aus bis nach Wellington blicken.

Was ich von hier oben allerdings auch sehen kann sind die vielen Häuser, die dicht an dicht gebaut wurden.



Nach dem Aufstieg habe ich mir eine kleine Rast verdient. Auf den umliegenden Berggipfeln liegt noch Schnee. Hier in der Sonne ist es angenehm warm. So warm, dass die Schmetterlinge um mich herum flattern und die riesigen Farne ihre ersten neuen Blätter bekommen.

Der Frühling müsste demnächst beginnen, sieht hier allerdings etwas anders aus, als ich es von Deutschland gewohnt bin. Die schönen Tage werden unterbrochen von heftigen Stürmen mit Regenschauern. Heute ist davon zum Glück nichts zu spüren.












Auf meinem Weg zurück zum Wagen gehe ich an riesigen Farngewächsen vorbei, die ca. 3 bis 5 Meter groß sind. Einige Strecken des Weges führen über Privatgelände, welches zu Fuß überquert werden kann. Schilder weisen darauf hin, dass die Wege nicht verlassen werden sollen und Hunde an der Leine zu führen sind.

Ich dachte immer, solche Schilder gibt es nur in Deutschland :-)






Auf meinem Rückweg nach Levin fahre ich der untergehenden Sonne entgegen und muss noch ein paar Aufnahmen von der Umgebung machen. Es gibt schon sehr schöne Gegenden hier, wo so viele Leute auf den umliegenden Hügeln wohnen möchten, dass ein Haus neben das nächste gebaut wurde.






Da in Wellington die Grundstückspreise relativ teuer sind, ziehen viele Menschen in die umliegenden Orte und nehmen es lieber in Kauf, jeden Tag mit der Bahn oder dem Auto zu fahren.



Da kann ich mich glücklich schätzen, in Levin nur wenige Minuten von meiner Arbeitsstelle entfernt zu wohnen. Verkehrsstaus sind für mich zu einem Fremdwort geworden. Auf meinen Ausflügen in den letzten Wochen habe ich kein einziges Mal im Stau gestanden!

Irgendwie muss es sich ja bemerkbar machen, dass Neuseeland „nur“ 4,4 Millionen Einwohner hat (16 pro km2) im Gegensatz zu Deutschland mit 81 Millionen Einwohnern (229 pro km2).





Erfahrungen für’s Leben 14.09.10

Es sind nicht immer die besten Erfahrungen, die man hier macht. Man lernt aber immer etwas Neues dazu und manche Erfahrungen sind leider nicht kostenlos.
Das ist Lehrgeld, welches man leider zahlen muss, wenn man sich auf unbekanntes Gebiet vorwagt.



Mir war schon bewusst, in einem für mich völlig fremden Land möglicherweise auch in Situationen zu kommen, in denen ich als Unerfahrener auch mal übervorteilt werde. Dass mir so übel mitgespielt wird, von Leuten denen ich mein volles Vertrauen geschenkt hatte, damit habe ich allerdings nicht gerechnet. Worauf sonst sollte ich mich den verlassen können, wenn nicht auf Informationen, die ich von scheinbar vertrauenswürdigen Menschen erhalten habe.

Wenn aber Versprechungen gemacht werden, die nicht eintreten oder sich Dinge völlig anders entwickeln als sie sich im Regelfall hätten entwickeln müssen, ist man enttäuscht, verärgert und mehr als stinksauer, nicht fair behandelt worden zu sein.

Zu einer fairen Behandlung gehört für mich u. a. eine adäquate Entlohnung für die geleistete Arbeit. Man versicherte mir von unterschiedlichen Seiten, der mir vertraglich zugesicherte Anteil am Praxisumsatz wäre durchaus ortsüblich und ich ging davon aus, gerecht behandelt zu werden.




Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, waren genaue Angaben über die Zusammensetzung und die Größenordnung des Praxisumsatzes.

Zu Beginn meiner Tätigkeit in Levin erhielt ich einen für mich enttäuschend niedrigen Betrag ausgezahlt und dachte, es läge daran, als „Anfänger“ mehr Zeit zu benötigen und entsprechend weniger Patienten behandeln zu können. Das würde zumindest teilweise einen niedrigen Praxisumsatz erklären.

Nach etwas mehr als zwei Monaten musste ich leider feststellen, dass mein Einkommen sich weiterhin auf sehr niedrigem Niveau bewegte. Also unterhielt ich mich mit einigen ortsansässigen Kollegen über die sonst übliche Bezahlung von Locums (so heißen die Ärzte aus Übersee hier) und erfuhr auf diesem Wege, noch nicht mal die Hälfte des Ortsüblichen zu erhalten. Bingo. Das war Grund genug, den geschlossenen Vertrag sofort zu kündigen.

Eigentlich hatte ich gar nicht vor, sooo viel dazuzulernen! Das reicht mir erst mal an Erfahrungen. Diesen Fehler werde ich sicher kein zweites Mal machen.



Hausärzte werden in Neuseeland dringend gesucht. Der Versorgungsengpass ist vergleichbar mit der Situation in Deutschland. Ländliche Regionen sind auch hier stärker vom Hausärztemangel betroffen. Viele der frisch ausgebildeten Mediziner gehen erst mal ein paar Jahre ins Ausland, z.B. nach Australien, weil die Verdienstmöglichkeiten dort noch attraktiver sind.

Glücklicherweise gibt es aufgrund des Hausärztemangels in dieser Gegend unendlich viele Stellenangebote zur Auswahl und ich habe von sehr vielen Leuten weitreichende Unterstützung bekommen. Innerhalb von einem Tag erhielt ich zwei Stellenangebote mit Vertragsbedingungen, von denen ich vorher nicht zu träumen gewagt hätte.

Ich bin froh, diese Fehlentwicklung frühzeitig bemerkt und zügig meine Konsequenzen gezogen zu haben. Es wird also wieder einige Veränderungen geben, ich hoffe zum Besseren :-)
Jedem Kollegen, der in Neuseeland als Hausarzt arbeiten möchte, kann ich nur raten, sich den Vertrag ausreichend lange vor Arbeitsbeginn geben zu lassen.

Finger weg von Verträgen, die nur einen prozentualen Anteil am Praxisumsatz ausweisen. Es sollte aus dem Vertrag klar hervorgehen, welcher Betrag pro Stunde oder pro Session (so wird hier ein Arbeits - Vormittag oder – Nachmittag genannt) gezahlt wird, so dass man bereits vorher genau weis, welches Gehalt (hier üblicherweise vierzehntägig) vertraglich zugesichert wird.



Ich erfahre leider erst im Nachhinein, nicht der Erste zu sein, der in dieser Praxis so über den Tisch gezogen wurde. Das Ganze hat hier offensichtlich System und hat dazu geführt, dass schon mehrere Locums vor mir nach kurzer Zeit diese Praxis und meistens auch den Ort wieder verlassen haben.

Wegen einer Kündigungsfrist von vier Wochen kann ich die Praxis leider nicht sofort verlassen. Außerdem gefällt es mir hier sehr gut und möchte aus der Stadt nicht wegziehen. Ich werde also die nächsten vier Wochen weiter in dieser Praxis arbeiten, vorausgesetzt die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich nicht noch weiter.

Die Zeit vergeht hier erfahrungsgemäß wie im Fluge und die vier Wochen werden ruck zuck vorbei sein. In der Zwischenzeit muss ich mich noch um viele Dinge kümmern (diverse Ummeldungen wegen der neuen Arbeitsstelle, Visum ändern, einen Wagen kaufen, da mein jetziger Wagen von der Praxis gestellt wurde).
Natürlich werde ich die Zeit auch für eine fundierte Rechtsberatung nutzen...



In den nächsten Tagen spreche ich mit vielen örtlichen Kollegen sowie mit Vertretern unterschiedlicher Organisationen. Alle schütteln nur den Kopf und sind peinlich berührt, als sie hören, wie sich die Praxisinhaberin mir gegenüber verhalten hat.

Viele der Leute, mit denen ich spreche, haben Bedenken, dass dieses Fehlverhalten ein schlechtes Bild auf ihre Stadt, die Kollegen oder ihr Land werfen könnte. Mit alledem hat es m. E. nichts zu tun. Ganz eindeutig handelt es sich um ein raffgieriges Verhalten von Einzelnen, die selber erst vor wenigen Jahren in dieses Land gekommen sind.

Gauner (wie Ulrich Wickert in seinem Buch „Gauner muss man Gauner nennen“ sehr schön beschreibt) gibt es überall auf der Welt und ich hatte eben das Pech, auf solche zu treffen.



Ab Mitte Oktober werde ich in einer anderen Praxis im gleichen Ort arbeiten. Zu deutlich besseren Konditionen mit einem Einkommen, etwa auf dem gleichen Niveau wie in Deutschland. Zu den Konditionen gehören u. a. geregelte Arbeitszeiten, bezahlter Jahresurlaub, eine entspannte Arbeitsatmosphäre mit ca. 25 bis 30 Patienten pro Tag und ein gut organisiertes Praxis-Team. Ich kann es noch nicht so recht glauben, aber meine ersten Kontakte und Eindrücke bezüglich der neuen Praxis sind alle sehr positiv.
Ich werde also in Zukunft hoffentlich bessere Erfahrungen machen.

Stürmische Zeiten gehen irgendwann auch mal vorbei...


Sonntag, 3. Oktober 2010

Manches entwickelt sich anders als erwartet...

Diesmal geht es u.a. um:


Wanderung zum Pencarrow Lighthouse

Bereitschaftsdienste

Nicht alles läuft reibungslos

Fortbildungsveranstaltungen

Nachwuchs auf der Farm

Regen wie aus Eimern

Pferderennen




Wanderung zum Pencarrow Lighthouse 21.08.10


Auf die Wettervorhersage kann man sich hier leider nicht verlassen. Am Mittwoch wurde für Wellington und Umgebung für das folgende Wochenende Regen vorhergesagt. Also dachte ich mir, auf die andere (östliche) Seite Neuseelands, nach Napier zu fahren, da hier strahlender Sonnenschein angesagt war. Die Stadt Napier wurde nach einem Erdbeben im Jahr 1931 komplett wieder aufgebaut und bietet eine große Anzahl an Art-déco-Gebäuden. Bei schönem Wetter wirklich ein lohnenswertes Ziel.


Am Freitag schaue ich mir vorsichtshalber noch mal die Wettervorhersage an:

Napier – Regen, Wellington – Sonne.


Meine Planungen für’s Wochenende haben sich damit geändert, Napier wird hoffentlich auch noch an einem der nächsten Wochenenden stehen (man weis ja nie, wann das nächste Erdbeben kommt) und ich suche mir eine schöne Wanderstrecke in der Umgebung von Wellington raus. Auswahl gibt es hier zum Glück reichlich.


Ich fahre morgens früh Richtung Wellington los. Die Küstenstraße ist die schnellste Verbindung, in einer Stunde ist man in Wellington angekommen.




Heute möchte ich mal eine Alternativstrecke nehmen und entscheide mich für die Akatawara Hill Road, die von Waikanae nach Upper Hutt und dann weiter nach Wellington führt.


Unterwegs sehe ich Hinweisschilder die anzeigen „Akatawara Hill Road open“. Die Straße führt durch Ausläufer der „Tararua Range“ und ist im Winter offensichtlich nicht immer befahrbar.


Anfänglich ist es noch eine ganz normale Straße. Je höher man kommt und je weiter man in die Berge hinein fährt, um so schmaler und kurviger wird die Straße.




Über weite Strecken ist es eine mehr oder minder einspurige Aneinanderreihung von Serpentinen, die so kurvig sind, dass man nicht sehen kann, ob einem ein Fahrzeug entgegen kommt. Auch ist mir nicht so ganz klar, wie auf dieser schmalen Fahrbahn überhaupt Gegenverkehr passieren kann.


Glücklicherweise bin ich scheinbar der Einzige, der heute Morgen hier lang fährt. Nur ein paar Radfahrer machen sich auf den Weg zur Bergtour. Ich empfinde es ja schon anstrengend genug, die Kurvenstrecke mit dem Auto zu bewältigen.


Wie man hier freiwillig die stetig ansteigende Strecke mit dem Fahrrad fahren kann, bleibt mir ein Rätsel.

Die Kiwis sind echt hart im Nehmen!




Die Mühen werden mit fantastischen Ausblicken auf die zauberhafte Landschaft belohnt. Leider ist das mal wieder einer der Eindrück, die man mit der Kamera nicht einfangen kann.

Also, wenn irgend möglich, herkommen und selber erleben :-))




Irgendwann komme ich auf der anderen Seite der „Tararua Range“ wieder auf „normale“ Straßen zurück und fahre über Upper und Lower Hutt in Richtung Eastbourne, das auf der anderen Seite des Wellington Harbour liegt.




Auf einem Parkplatz an der Küstenstraße, von dem man eine schöne Aussicht auf den Hafen und die Hügel in der Gegend um Wellington hat, mache ich eine kurze Pause. An einem Steg direkt neben dem Parkplatz hat ein Fischkutter festgemacht, auf dem frischer Fisch verkauft wird.


Als ich ankomme, hat sich schon eine lange Schlange gebildet und die Leute warten geduldig, bis sie ihren frisch filetierten Fisch mit nach hause nehmen können.






Ich fahre weiter nach Eastbourne und habe das Gefühl, irgendwo im Süden Englands zu sein. Die Häuser sind in einem typisch britischen Baustil gebaut. Hier werde ich bestimmt noch mal an einem anderen Tag herfahren, nur um mir die schönen Häuser anzusehen.


Die Küstenstraße fahre ich bis zum Ende, bis es nicht mehr weiter geht und stelle meinen Wagen auf dem Parkplatz „Burdans Gate“ ab. Danach beginnt Privatgelände, welches für Wanderer und Radfahrer öffentlich zugängig ist. Auf einer Schotterpiste entlang der Küste gelangt man zum Pencarrow Leuchtturm.




Bei der Beschreibung des Wanderweges entlang der Pencarrow Coast konnte ich lesen:


This is an easy walk. Time (one way) from Burdans Gate to Pencarrow Lighthouse – 2 hours.

Ein leichter Weg, zwischen Burdans Gate und Leuchtturm – 2 Stunden.


Als ich den Hinweis über die Dauer der Strecke las, dachte ich noch, bestimmt haben sie die Zeit für gemütliche Spaziergänger berechnet. Das ist wahrscheinlich locker in einer Stunde zu schaffen.


Es ist wirklich ein leichter Weg. Man geht auf einem gut ausgebauten Schotterweg immer die Küste entlang und hat einen wunderbaren Blick auf Wellington bzw. die gegenüber liegenden Berge.








Fußgänger sind wenige unterwegs, dafür aber einige Radfahrer. Kein Wunder, denn die Strecke zieht sich ewig hin.


Als nach einer gefühlten Ewigkeit der Leuchtturm endlich auftaucht, sind tatsächlich 1,5 Stunden vergangen. Das letzte Stück geht bergauf und als ich am „ Pencarrow Lighthouse” ankomme sind zwei Stunden vergangen.

So kann man sich irren.










Der Weg hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ich genieße den tollen Ausblick auf die Küste. Am Leuchtturm mache ich erst mal eine ausgiebige Pause und stärke mich mit dem Proviant, den ich vorsorglich heute Morgen eingepackt habe.










Der Rückweg dauert leider auch noch mal zwei Stunden, ist aber gut zu bewältigen, da ich zwischendurch Pausen am Strand einlege und mir die wunderschönen Muscheln und alles Mögliche an Strandgut und Steinen ansehe, was dort in großen Mengen rumliegt.




Außerdem gibt es viel zu sehen, wie z.B. die vorbeifahrenden Fähren zur Südinsel. Und natürlich ist es schön, einfach nur auf das Wasser zu sehen, die Wellen zu beobachten und den sonnigen Tag zu genießen...









On Call, Besuch von meinem Supervisor in der Praxis 23.08.10


Bereitschaftsdienst hab ich etwa alle 14 Tage an einem Nachmittag während der Woche und ca. einmal pro Monat am Wochenende. Es ist wie eine normale Sprechstunde, nur eben nach Feierabend und in aller Regel kommen Patienten nur mit akuten Anlässen. Manchmal erhält man auch telefonische Anfragen von besorgten Eltern, die Fragen bezüglich eines erkrankten Kindes haben.


Heute vergeht meine Notfallsprechstunde noch etwas schneller, da mich mein Supervisor aufsucht und sich über meine Arbeitsbedingungen erkundigt.


Wir haben eine nette Unterhaltung und ich wundere mich ein bisschen darüber, wie sehr er um mich besorgt ist. Er lässt sich meinen Tagesablauf und alles, womit ich täglich beschäftigt bin, sehr genau erklären. Es kommt mir etwas übertrieben vor, wie er sich um alle möglichen Details kümmert. Immerhin habe ich es in den letzten Jahren geschafft, eine Praxis zu führen, ohne dass sich irgend jemand um mein Wohlergehen gekümmert hätte.


Erst einige Wochen später erfahre ich, dass seine Sorgen um meine Arbeitsbedingungen nicht von ungefähr kommen. Ich habe schon fast den Eindruck, er kümmert sich um Dinge, die ihn eigentlich nichts angehen, aber im nachhinein bin ich sehr froh über die Unterstützung, die ich von ihm erhalte.


Wie sich später herausstellen wird, hat er sich berechtigterweise Sorgen um meine Arbeitsplatzsituation gemacht und ich hatte leider Pech mit der Wahl meiner Praxis. Vor mir hatten schon andere Kollegen das zweifelhafte Vergnügen, unter völlig inakzeptablen Bedingungen hier zu arbeiten, was dazu geführt hat, das sie die Praxis nach kurzer Zeit wieder verließen.


Von einigen Patienten hörte ich immer wieder, dass die Locums vor mir in dieser Praxis nur für wenige Monate geblieben sind und jeder war sehr erfreut und vielleicht auch ein bisschen erstaunt zu hören, dass ich vorhatte, hier wenigstens ein Jahr zu bleiben.


Dinge entwickeln sich manchmal nicht so wie erwartet und genau so ist es dann auch eingetroffen, davon aber später mehr. Aus bestimmten Gründen werde ich erst im nächsten Beitrag darüber berichten...



(Muscheln an der Pencarrow Coast)



Fortbildung in Palmerston North, „Aufgaben des Coroner“ (Gerichtsmediziner) 25.08.10


Soll ich mich wirklich für diese Fortbildungsveranstaltung anmelden? Benötige ich die Informationen überhaupt? Habe ich an dem Abend nicht schon etwas anderes vor? Ja, ich melde mich erst mal an, absagen kann ich ja immer noch...


Was im Fernsehen in amerikanischen Serien oder Filmen über die spannende Tätigkeit von Gerichtsmedizinern gezeigt wird, hat mit der Realität nichts gemeinsam. Und das Bild von der Tätigkeit eines Gerichtsmediziners, was ich mir in Deutschland machen konnte, hat mit der Realität in Neuseeland ebenfalls nichts zu tun.


Ich bin hier bisher noch nicht in die Situation gekommen, mit einem Vertreter dieser Berufsgruppe in Kontakt zu kommen, aber das kann einem hier schneller passieren, als man es sich vielleicht wünscht. Wenn ein Patient stirbt, wird auch hier, ebenso wie in Deutschland, der Totenschein vom behandelnden Hausarzt ausgestellt. In aller Regel hat ja der behandelnde Hausarzt das medizinische Wissen und kennt die Hintergründe, um festzustellen, ob eine natürliche oder eine unerwartete, d.h. nicht natürliche Todesursache wahrscheinlich ist.


Bei den zuletzt genannten Ereignissen tritt in Neuseeland der Coroner (Gerichtsmediziner) in Aktion und untersucht, ob eine Obduktion zur Ursachenklärung veranlasst werden muss. Interessanterweise hat ein neuseeländischer Coroner keine medizinische Ausbildung absolviert, sondern ist in aller Regel ein Jurist mit mindestens fünf Jahren Juristischer Erfahrung und einer fachspezifischen Weiterbildung für diese Tätigkeit. Es ist also eher eine Verwaltungstätigkeit, wobei der Coroner den Hausarzt aufgrund seines medizinischen Wissens zu Rate zieht und nur in besonderen Fällen eine Obduktion veranlasst, welche dann von einem Pathologen durchgeführt wird.


Ich war es gewohnt, in Deutschland auch zu mir bis dato unbekannten Patienten gerufen zu werden und nach entsprechend gründlicher Untersuchung, wenn also sichere Todeszeichen vorlagen, den Tod festzustellen und einen Totenschein auszustellen. Hier ist alles ein bisschen anders.


In der Fortbildungsveranstaltung, die übrigens trotz des eher ernsten Themas doch sehr kurzweilig war, konnte ich erfahren, wie hier die Dinge geregelt sind. Wann muss der Coroner eingeschaltet werden? Wer hat welche Aufgaben? Was darf bescheinigt werden, was nicht? Was geschieht mit den Ergebnissen? Wer hat ein Anspruch, von den Ergebnissen der Untersuchung zu erfahren?


Bei meinem nächsten „On Call“ (Bereitschaftsdienst) werde ich von der Nachtschwester eines ortsansässigen „Rest Home“ (Altenwohnheim) angerufen und gefragt, ob ich für einen Patienten einen Totenschein ausstellen könne. Der Patient sei vor kurzem aus dem Krankenhaus zurückverlegt worden und kurz nach seinem Eintreffen im „Rest Home“ verstorben.


In Deutschland wäre ich selbstverständlich zu dem Altenwohnheim gefahren und hätte den Patienten untersucht und eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt.


Nach dieser Fortbildungsveranstaltung klingeln bei mir alle Alarmglocken und ich teilte der Nachtschwester mit, sie müsse sich an den behandelnden „General Practitioner“ (Hausarzt) wenden.

Der Patient war nicht in unserer Praxis registriert, ich hatte also keinerlei Vorinformationen über den Patienten und konnte daher über seine gesundheitliche Vorgeschichte keine Angaben machen. Auch die Information über eine kürzlich zurückliegende Krankenhausentlassung war Grund genug, an den Hausarzt zu verweisen, der ggf. den Coroner einschalten würde, wenn der Tod des Patienten unerwartet eingetreten sein sollte.


Manchmal ist es doch gut ein Fortbildungsveranstaltung zu besuchen, auch wenn man nicht gleich weis, wofür man das Gelernte jemals gebrauchen kann...



(Muscheln an der Pencarrow Coast)



Wieder ein Schreiben von der Steuerbehörde 27.08.10


- Meiner GST Nr. trifft ein – (eine DIN A4 Seite, verständlich geschrieben, kein Bürokratenenglisch, keine Paragrafenhinweise oder sonstige Rechtsbelehrungen – das verstehe sogar ich)


Goods and Services Tax (GST) ist die neuseeländische Version der Mehrwertsteuer. Jeder der Handel treibt oder eine Dienstleistung anbietet und einen bestimmten Mindestumsatz erwirtschaftet, muss GST in Rechnung stellen und an die Steuerbehörde (Inland Revenue) weiterleiten.


Glücklicherweise ist auch diese Steuerangelegenheit so einfach wie nur irgend möglich geregelt. Alle Informationen dazu sind online erhältlich und für Leute, denen das Lesen zu schwer fällt, gibt es eine Videopräsentation.


Ab sofort steht auf meinen Rechnungen, die ich meinem Arbeitgeber für meine Dienste schreibe, ein zusätzlicher Betrag von 12,5% GST (ab Oktober 15%). Berufsbedingte Ausgaben, für die ich GST bezahlt habe, kann ich mit den Einnahmen verrechnen, die Differenz bekommt die Steuerbehörde. Alle zwei Monate reicht man online die aktuellen Zahlen ein und überweist die GST Steuer. So einfach können Steuern geregelt werden.



Mit Grippe im Bett 28.08. bis 29.08.10


So etwas muss ausgerechnet mir passieren! Das kann ich ja überhaupt nicht gebrauchen, hier krank zu werden. Wie schon berichtet gibt es in Neuseeland in aller Regel kein Krankengeld. Wer Krank feiert, macht das auf eigene Kosten.


In den letzten Tage und Wochen hatte ich viele Patienten mit Erkältungskrankheiten behandelt. Normalerweise macht mir das nichts aus, es ist sehr selten, dass ich mal erkältet bin.


Scheinbar ist das Erregerspektrum hier etwas anders und die Viren erwischen mich mit voller Breitseite: Husten, Schnupfen, Gliederschmerzen vom Feinsten. Glücklicherweise ist Wochenende und ich kuriere mich an meinen freien Tagen aus. Montag geht es mir wieder einigermaßen besser und ich gehe in die Praxis. Was von selbst gekommen ist, geht meist auch von selbst wieder...



(Muschel an der Pencarrow Coast)



GP Peer Review Treffen 02.09.10


Einmal monatlich treffen sich die Hausärzte aus Levin und Umgebung und tauschen sich über ihre Praxiserfahrungen aus. Häufig wird zusätzlich ein Fachvortrag präsentiert.


Beim letzten Treffen ging es um Wiederbelebungsmaßnahmen. Ein Rettungsmediziner sowie ein Rettungssanitäter versorgten uns mit den neuesten Informationen in Sachen Lebensrettung, so dass wir unsere Fachkenntnisse wieder auffrischen konnten.


Interessant fand ich dabei, wie der Fachkollege zwischen seiner Versorgungsrealität (Krankenhaus) und der Landarztpraxis zu unterscheiden wusste. Immer wenn es um die Beschreibung der Notfallrettung in der Landpraxis ging, sagte er: “ In GP-Land wird das soundso gemacht...“ Und er zeigte damit seine Anerkennung für die hohe Leistung, unter schwierigen Bedingungen Rettungsmaßnahmen durchzuführen.


Neben dem theoretischen Hintergrundwissen wurden alle notwendigen praktischen Fertigkeiten durchgesprochen und anschließend an Übungsdummies erprobt. Alles was man für eine effektive Versorgung benötigt, wurde so lange geprobt, bis die Abläufe sicher eingeübt waren.


Den Notfallrettungskurs müssen übrigens alle Niedergelassenen regelmäßig absolvieren, um ihr Praxiszertifikat (d.h. die Erlaubnis zu praktizieren) verlängert zu bekommen.


Bei dem folgenden GP Peer Review Treffen hatte leider der Fachreferent kurzfristig abgesagt. Kurzerhand hat einer der Kollegen von seinem letzten Fachkongressbesuch die Praxisrelevanten Highlights berichtet. Anschließend stellten drei Kollegen Fälle aus ihrer täglichen Praxis vor. Jeder Fall wurde unter den Kollegen ausführlich diskutiert. Für mich eine völlig andere Art der Weiterbildung und für meine Tätigkeit hier von unschätzbarem Wert.


Bei der Diskussion ging es auch u. a. darum, wie schwierig es immer wieder ist, einen Patienten zur fachärztlichen Untersuchung anzumelden. Die ortsansässigen Kollegen haben sich offensichtlich an die Wartelisten schon längst gewöhnt und wundern sich nicht mehr darüber, wenn ein Patient manchmal sechs Monate und länger auf einen Facharzttermin oder einen OP-Termin wartet.


Wenn ich in Deutschland der Meinung war, eine Fachärztliche Untersuchung sei erforderlich, so war es ein Leichtes, innerhalb kurzer Zeit einen Termin bei dem Fachkollegen zu organisieren.


Hier ist es ein völlig anderes Überweisungsverhalten, welches den Hausarzt als „Gatekeeper“ benötigt: Nur wenn der Hausarzt durch entsprechende Befunde nachweisen kann, dass alles ambulant mögliches bereits veranlasst und untersucht wurde und die Befunde im Überweisungsschreiben klar erkennen lassen, hier ist eine Facharztuntersuchung oder –behandlung erforderlich, wird der Patient (abhängig von dem Grad seiner Priorität) zur Untersuchung in die Krankenhausambulanz einbestellt.


Die fachärztliche Ambulanz entscheidet einerseits nach den eigenen, verfügbaren Kapazitäten und andererseits nach der Dringlichkeit des Patientenanliegens, wie die Termine vergeben werden. Bei diesem System muss es zwangsläufig zu Wartezeiten kommen, da die Personalausstattung bzw. Anzahl der Untersuchungs- und Behandlungsplätze nicht flexibel ist, d.h. dem Behandlungsbedarf nicht angepasst wird.


Erinnert mich so ein bisschen an eine Wirtschaft, in der vieles nach Plan ging, aber das ist nur mein persönlicher Eindruck und ich habe wirklich nicht ausreichend Einsichtsmöglichkeiten in diese Versorgungslandschaft, um mir ein abschließendes Urteil zu erlauben.

Vielleicht ist ja alles viel besser als ich es Wahrnehme :-)



Sechs Stunden alt 03.09.10


Als ich heute nach Feierabend auf der Farm eintreffe, sehe ich Errol und Richard auf der Weide, wie sie eine der Galloway Kühe in den Stall bringen wollen. Nebenher trottete das Kälbchen, welches heute Mittag per Spontangeburt auf die Farm gekommen ist.


Damit es dem Kleinen nachts nicht zu kalt wird, bringen sie das Kälbchen mit Mutter in den windgeschützten Stall. Da muss ich doch gleich ein paar Aufnahmen machen...



(Wo geht's hier zum Stall?)




(Die stolze Mama)


(Wo gibt's hier was zu trinken?)


(So gehen hier die Tage zu Ende...)


Regen wie aus Eimern 06.09.10


Am letzten Wochenende haben die Medien ja einiges über ein sehr starkes Erdbeben in Neuseeland berichtet. Kein Grund zur Sorge, denn das Erdbeben war auf der Südinsel, also Luftlinie ca. 400 km von mir entfernt. Hier war davon glücklicherweise nichts zu spüren.


Dafür hat es heute Nacht und den ganzen Vormittag extrem stark geregnet. Man kann sich nicht vorstellen, was für Wassermassen in kurzer Zeit hier runter gekommen sind.


Ich hab mich immer gefragt, wozu es so tiefe Wassergräben entlang der Straßen gibt, jetzt weis ich's. Die laufen ganz schön schnell voll.


Heute Nachmittag hat es dann endlich mal wieder aufgehört mit dem Regen. Genau so schnell wie er gekommen ist, war er auch wieder weg.









Pferderennen 09.09.10


An meinem freien Nachmittag bin ich eingeladen, mir ein Pferderennen in Foxton, einem Ort etwa 18 km nördlich von Levin, anzusehen.




Der Sohn einer Praxismitarbeiterin ist Jockey und wird heute an mehreren Rennen teilnehmen.

Von Pferden oder Pferderennen habe ich nicht die geringste Ahnung, aber das hält mich nicht davon ab, diese Gelegenheit beim Schopfe zu packen und mir das Rennen anzusehen.








Der Besucherandrang ist mitten in der Woche natürlich nicht besonders groß. Das gibt uns aber die Gelegenheit, die besten Plätze auszusuchen. Wir sehen uns einige Renndurchläufe an und sind total mitgerissen von der Geschwindigkeit und dem Anblick der Pferde, die an uns vorbeijagen.








Als die Kollegin nach dem ersten Rennen sieht, ihr Sohn hat den zweiten Platz gewonnen, verfliegt auch endlich ihre Angst, er könnte vom Pferd fallen und wir sind mit noch mehr Begeisterung dabei, die weiteren Rennen zu beobachten.






Gewonnen haben wir leider nix (bis auf die Erfahrung, dabei gewesen zu sein), da wir keinen Wettschein gelöst, sondern unser Geld lieber in einen heißen Tee investiert haben, denn es ist ziemlich kalt, wenn man draußen längere Zeit auf der Tribüne steht.

Das Sommerwetter lässt immer noch auf sich warten...